Dieter Ortmann: Wie echte Nachfolge funktioniert

© Dieter Ortmann

Dieter Ortmann hätte reich werden können. Mehrfach. Als die Solarbranche 2021 und 2022 durch die Decke ging, klingelte fast wöchentlich das Telefon. Investoren boten schwindelerregende Summen für seine maxx-solar & energie GmbH. Doch der Thüringer Unternehmer entschied sich anders – und zeigt damit einen Weg auf, der vielen deutschen Mittelständlern verloren gegangen ist.

Das Ende einer Ära?

"Es ist etwas Besonderes, eine Firma nicht zu verkaufen, sondern in den eigenen Reihen zu lassen", sagt Ortmann heute. Diese Aussage klingt in einer Zeit, in der Start-ups von Beginn an auf den Exit-Plan fokussiert sind, fast revolutionär. Doch sie beschreibt exakt das, was Deutschland einmal groß gemacht hat: Unternehmer, die für Generationen bauen, nicht für den schnellen Gewinn.

Der 60-jährige Gründer aus Waltershausen hat 2024 zwei langjährige Mitarbeiter, die vor fast 15 Jahren als Praktikant und Quereinsteiger zu ihm kamen, beim Management-Buyout beteiligt. "Die nächsten Eastside Heroes sind herangewachsen", erzählt er mit spürbarem Stolz. Was nach einer netten Geste klingt, ist in Wahrheit ein Masterclass in nachhaltigem Unternehmertum.

Die Mitte Deutschlands neu entdecken

Ortmann hätte längst in die "Altländer" expandieren können. Die Chancen waren da, das Geschäft lief. Trotzdem blieb er in Thüringen. "Die Mitte Deutschlands – ich glaube, das haben viele, die hier wohnen, noch nicht richtig verinnerlicht, wie gut es uns eigentlich hier geht", erklärt er seine Entscheidung.

Diese Bodenhaftung ist mehr als nur Heimatverbundenheit. Sie ist strategisch klug. Während andere Unternehmen in überheizten Märkten um Aufmerksamkeit kämpfen, hat Ortmann sich eine Position aufgebaut, die schwer angreifbar ist. "Gutes Geschäft funktioniert nur, wenn man entsprechende Netzwerke pflegt", weiß er. Und diese Netzwerke sind in Thüringen einfacher zu pflegen als deutschlandweit.

Mentoren aus dem 8. Jahrhundert

Besonders bemerkenswert ist Ortmanns Ansatz zur Unternehmensführung. Während andere auf teure Berater setzen, arbeitet er mit Benediktinermönchen zusammen. "Der Benedikt hat schon um 800 rum Dinge aufgeschrieben, die heute noch gültig sind. Der hat sich damals schon mit den gleichen Problemen herumgeschlagen wie wir heute", erklärt er seine ungewöhnliche Wahl.

Diese 1.200 Jahre alte Weisheit übersetzt er in moderne Führungspraxis. Nicht oberflächliche Verkaufstrainings, sondern tiefe, wertebasierte Entwicklung seiner Mitarbeiter. Ein langer Weg, der nicht sofort Resultate zeigt, aber nachhaltig wirkt. Genau wie sein ganzes Unternehmen.

Der Blick nach Osten: Was deutsche Unternehmer von China lernen können

Ortmann ist Realist. Bei seinem letzten China-Besuch sah er, was deutsche Unternehmen erwartet: "Die sind meilenweit weiter als wir", gibt er unverblümt zu. Besonders bei Elektroautos erlebe er Technik und Preise, die deutsche Hersteller alt aussehen lassen.

Doch anstatt zu resignieren, zieht er daraus Lehren für sein eigenes Unternehmen. Maxx Solar fährt ausschließlich Elektroautos – 35 Fahrzeuge, kein einziger Verbrenner mehr. Nicht aus Ideologie, sondern aus knallharter Kalkulation: "Wir sparen pro Auto zwischen 2.300 und 2.500 Euro pro Jahr".

Der Kunde als Partner, nicht als Zielscheibe

"Ein Vier-Personen-Haushalt spart zwischen 4.000 und 6.000 Euro jedes Jahr", fasst Ortmann den Nutzen seiner Solaranlagen zusammen. Diese Ehrlichkeit unterscheidet ihn von vielen Mitbewerbern. Während andere mit unrealistischen Versprechungen werben, rechnet er seinen Kunden vor, was wirklich möglich ist.

Diese Transparenz zahlt sich aus. Mit über 6.000 installierten Anlagen hat Maxx Solar in Thüringen eine Vertrauensbasis geschaffen, die neue Anbieter erst mühsam aufbauen müssen. "Solche Firmen gibt es nur im Bilderbuch", sagen Mitarbeiter über ihren Arbeitgeber. Das ist unbezahlbares Marketing.

Afrika als Lehrmeister

2012 gründete Ortmann in Südafrika die maxx-solar academy. Was als Geschäftserweiterung begann, wurde zur Lebensschule. In einem Markt ohne Förderung musste er lernen, wie Solarenergie wirtschaftlich funktioniert. "Das hat mir in der ersten Krise geholfen, weil wir von vornherein lernen mussten, wie man sowas ohne Förderung verkauft".

Heute sind über 7.000 Menschen durch seine Akademie geschult worden. Fünf der zehn größten Solarfirmen Südafrikas wurden von seinen Absolventen gegründet. Was als Investment begann, wurde zu einem Netzwerk, das bis heute trägt.

Die unterschätzte Stärke Thüringens

"Wir können in Thüringen verdammt viele Sachen gut, vielleicht manchmal besser als viele andere. Was wir nicht so gut können, ist uns selbst vermarkten", bringt Ortmann das Problem vieler ostdeutscher Unternehmen auf den Punkt.

Diese Selbstkritik ist der erste Schritt zur Besserung. Statt zu jammern, arbeitet er aktiv daran, das zu ändern. Als Honorarkonsul für Südafrika baut er Brücken zwischen den Kontinenten. Als Markenbotschafter der Initiative "Thüringer Bogen" macht er seine Region sichtbar.

Was du von Dieter Ortmann lernen kannst

  1. Denke in Generationen, nicht in Quartalen: Echter Unternehmenserfolg braucht Zeit. Wer nur auf den schnellen Exit schielt, verschenkt das größte Potenzial.

  2. Nutze deine Heimat als Stärke: Du musst nicht in Berlin oder München sein, um erfolgreich zu werden. Regionale Verwurzelung kann ein Wettbewerbsvorteil sein.

  3. Lerne von den Besten – egal wie alt sie sind: Gute Ideen haben kein Verfallsdatum. Manchmal findest du die beste Lösung in 1.200 Jahre alten Büchern.

  4. Behandle Mitarbeiter wie zukünftige Partner: Die besten Nachfolger wachsen im eigenen Unternehmen heran. Wer in Menschen investiert, erntet langfristig die größten Erfolge.

  5. Sei ehrlich zu deinen Kunden: Übertreibung funktioniert kurzfristig. Vertrauen funktioniert ein Leben lang.

Der Mut zur Langsamkeit

"Wir verlangen Leistung, aber wir geben auch ganz, ganz viel zurück", beschreibt Ortmann seine Führungsphilosophie. Dieser Ansatz braucht Geduld, zahlt sich aber aus. Während andere Unternehmen ständig neue Mitarbeiter suchen müssen, haben seine Leute Wurzeln geschlagen.

Dieter Ortmanns Geschichte zeigt: Du musst nicht jeden Trend mitmachen, um erfolgreich zu sein. Manchmal ist der beste Weg der, den schon deine Großeltern gegangen sind – mit den Werkzeugen von heute.

Seine Botschaft ist einfach: "Es macht Sinn, etwas nachhaltig zu machen." In einer Welt der schnellen Lösungen ist das eine Erinnerung daran, was wirklich zählt. Nicht der spektakuläre Exit, sondern das stetige Wachstum. Nicht der schnelle Gewinn, sondern das langfristige Vertrauen.

Deutschland braucht mehr Unternehmer wie Dieter Ortmann. Menschen, die Firmen nicht als Spekulationsobjekte sehen, sondern als Lebenswerk. Die verstehen, dass der größte Reichtum nicht im Verkauf liegt, sondern im Weitergeben an die nächste Generation.

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Sebastian Meier

Als Brückenbauer zwischen Innovation und Tradition prägt Sebastian Meier die Zukunft des ostdeutschen Unternehmertums. Seine außergewöhnliche Expertise wurzelt in zwei Welten: Als ehemaliger Leiter des Thüringer Zentrums für Existenzgründungen erkannte er die Bedeutung starker Netzwerke und brachte erstmals die relevanten Akteure der Gründungsszene an einen Tisch. Diese neugeschaffenen Synergien zwischen Wirtschaft, Forschung und Förderung wirken bis heute nach. Als Gründer führte er selbst die myGermany GmbH von der Startup-Vision zum erfolgreichen internationalen Bestandsunternehmen.

Diese einzigartige Kombination aus Startup-DNA und Institutionserfahrung macht ihn zum gefragten Sparringspartner für Unternehmer und Innovatoren. Mit EASTSIDE HEROES verfolgt er heute eine klare Mission: Die Transformation Ostdeutschlands zum dynamischen Wirtschaftsstandort der Zukunft. Sein 15 Jahre aufgebautes Netzwerk aus über 500 aktiven Unternehmenskontakten nutzt er, um etablierte Player mit innovativen Scale-ups zu verbinden und echte Wertschöpfung zu generieren.

Als Nerd für Künstliche Intelligenz und Automatisierung berät Sebastian regelmäßig Unternehmen bei ihrer digitalen Transformation.

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