Matthias Beerbaum: Warum der Weg zum Erfolg mit dem ersten mutigen Schritt beginnt
© ESH
"Man bereut immer nur das, was man nicht gemacht hat."
In einem Land, in dem Immobilienbesitz traditionell in westdeutscher Hand lag, hat sich ein ostdeutscher Selfmade-Unternehmer gegen alle Wahrscheinlichkeiten durchgesetzt. Matthias Beerbaum verwaltet heute über 2.000 Immobilieneinheiten – von Wohnungen bis hin zu Logistikflächen, Gewerbeobjekten und sogar einer ehemaligen Notenbank. Seine Geschichte ist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass der Mut anzufangen und dranzubleiben der entscheidende Erfolgsfaktor ist.
Vom Schulabbrecher zum Immobilienimperium
Was Matthias von vielen anderen Erfolgsgeschichten unterscheidet, ist sein unkonventioneller Start. Er war in der Schule "nicht dumm, aber nicht fleißig genug". Nach mehrfachen Schulwechseln ging er schließlich ganz von der Schule ab. Statt eines akademischen Weges begann er auf dem Bau zu arbeiten. Diesen vermeintlichen Nachteil verwandelte er in einen Vorteil, denn er entwickelte früh ein Gespür für Immobilien und deren Potenzial.
Während andere zögerten, erkannte er eine einmalige Chance: Nach der Wende wurden im Osten Deutschlands Immobilien zu Spottpreisen verkauft. "Meine ersten Häuser, die ich vor 23 Jahren gekauft habe, haben nichts gekostet", erinnert er sich. "Damals habe ich mich schon gefragt, warum das kein anderer macht in meinem damaligen Freundeskreis. Warum ich der einzige bin, der für 10.000, 15.000 Euro Beträge Riesenanwesen kauft."
Die ostdeutsche Perspektive auf finanziellen Erfolg
Matthias identifiziert einen entscheidenden Unterschied in der Mentalität, der viele Ostdeutsche nach der Wende benachteiligte: "Es war natürlich so, weil wir im Osten, wenn ich an meine Eltern denke, nicht wussten, wie das kapitalistische System funktioniert. Sie hatten das niemals in der Schule gelernt. Ihnen wurde nicht erklärt, wie der Kapitalismus funktioniert, dass man mit Krediten Häuser kaufen und finanzieren kann."
Diese Wissenslücke führte dazu, dass viele wertvolle Immobilien für Bruchteile ihres tatsächlichen Wertes verkauft wurden – meist an westdeutsche Investoren, die mit den Prinzipien der Finanzierung und Kapitalbeschaffung vertraut waren. Matthias Beerbaum, der mit sieben Jahren die Wende erlebte, bezeichnet sich als "die erste Generation, die diesem System bewusst mitkommen ist."
Der Hebel zum Erfolg: Die Kraft der Finanzierung
Ein zentrales Element im Erfolg des Immobilieninvestors ist sein Verständnis des Hebeleffekts. Während die ostdeutsche Mentalität oft vom Gedanken "schnell zurückzahlen, schnell abzahlen, am liebsten ohne Kredit" geprägt war, erkannte er, dass genau das Gegenteil zum Erfolg führt:
"Der Hebel bei Immobilieninvestoren, bei mir, funktioniert tatsächlich durch das Darlehensgeschäft. Wenn ich das alles cash bezahlen müsste, hätte ich das Geld nicht mehr ansatzweise angesehen. Das würde gar nicht gehen."
Er erklärt drei Mechanismen, die diesen Hebel so wirkungsvoll machen:
Fremdkapitalfinanzierung: "Geld, das mir nicht gehört, wird mir geliehen. Das zahlen Leute zurück, die ich nicht kenne" – nämlich die Mieter.
Inflationseffekt: "Der Kredit bleibt jetzt zehn Jahre gleich. Wenn ich da 100.000 Euro verpfände... das sind in 10 Jahren nicht mehr 100.000 Euro. Das hat für mich, ohne dass ich was abzahlen konnte, noch eine Kaufkraft von 70.000, 80.000."
Steigende Mieten: Während der Kredit festgeschrieben bleibt, steigen die Mieteinnahmen in der Regel kontinuierlich an.
Der Einstieg ist möglich – auch mit wenig Startkapital
Einer der wertvollsten Ratschläge, den Beerbaum jungen Menschen mit auf den Weg gibt, bezieht sich auf den vermeintlich schwierigen Einstieg in die Immobilienbranche. Er widerlegt vehement die Ausrede, ohne ausreichendes Startkapital könne man nicht investieren. Er ist überzeugt: "Ich behaupte ganz fest, dass du auch hier in unserer Region im Osten, aber auch bundesweit sowieso, ganz schnell dir 10.000 Euro zusammensparen kannst innerhalb von einem Jahr."
Mit diesem Startkapital als Eigenanteil sei es bereits möglich, eine erste kleine Immobilie zu finanzieren – nicht in den teuren A-Lagen, sondern in den B- und C-Lagen, wo die Einstiegspreise wesentlich niedriger sind, die Mieten jedoch nicht proportional geringer ausfallen.
Die Automatisierung des Erfolgs
Beeindruckend an Matthias Geschichte ist nicht nur sein Aufstieg, sondern wie er sein Geschäft strukturiert hat. Mit 2.000 Immobilieneinheiten könnte man ein riesiges Team und endlose Arbeitstage erwarten. Doch der Unternehmer hat sein Geschäft so durchorganisiert, dass der Verwaltungsaufwand minimal bleibt:
"Wir haben bestimmt 97, 98 Prozent Mieter, die wir das ganze Jahr nicht hören und sehen." Die Prozesse sind digitalisiert, standardisiert und mit klaren Checklisten versehen. Seine Mitarbeiter wissen genau, welche Böden, welche Fliesen und welche Wandfarbe bei Renovierungen zu verwenden sind. "Jeder Mitarbeiter weiß sofort, wenn die Wohnung renoviert wird, das ist der Boden, das die Fliese, das ist das Bad."
Diese Systemoptimierung ermöglicht ihm, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: neue Objekte zu finden, zu bewerten und zu verhandeln. "Ich kann mich tatsächlich mehrere Wochen verabschieden und es geht trotzdem alles. Ich muss nicht mehr live dabei sein."
© ESH
Ein Leben aus Leidenschaft statt Arbeit
Was vielleicht am meisten inspiriert, ist seine Einstellung zu seiner Tätigkeit: "Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht, meine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Ich würde sogar nicht sagen: Beruf, sondern tatsächlich zum Lebensinhalt."
Diese Leidenschaft erstreckt sich auch auf seinen zweiten großen Erfolgsbereich: den Motorsport. Als Ferrari-Enthusiast hat er sich einen Lebenstraum erfüllt und nimmt inzwischen sogar erfolgreich an Rennen teil. Im Jahr 2023 erreichte er in seiner Rennserie den ersten Platz – ein beeindruckender Erfolg für jemanden, der erst spät in den professionellen Motorsport eingestiegen ist.
"Ich habe mir ein Ziel gesetzt, und ich habe bewusst Leute um mich geschart, die sich mit dem auskennen, was sie tun." Diese Strategie – Expertise zu erkennen, zu nutzen und durch Lernbereitschaft zu wachsen – zieht sich durch alle seine Erfolgsgeschichten.
Der größte Luxus: Freiheit und Einfachheit
Trotz seines beachtlichen Vermögens und seiner Sammlung exklusiver Sportwagen definiert Matthias Luxus überraschend bodenständig: "Der größte Luxus ist, mit einem Glas Rotwein und einer Portion Nudeln am Meer zu sitzen und nichts zu machen."
Diese Definition zeigt, dass es ihm nicht um Statussymbole geht, sondern um die Freiheit, das zu tun, worauf er Lust hat. Er betont: "Ich mache das, was ich mache, jeden Tag." Diese Selbstbestimmung – nicht das Bankkonto oder der Fuhrpark – scheint der wahre Erfolgsindikator zu sein.
Wissen weitergeben als neue Mission
In den letzten Jahren hat sich für Matthias ein neues Betätigungsfeld eröffnet: die Weitergabe seines Wissens. Über soziale Medien, insbesondere Instagram, teilt er täglich Einblicke in seinen Geschäftsalltag, gibt Tipps und inspiriert andere, ähnliche Wege zu gehen.
"Vielleicht ist das so ein bisschen, Leuten zu helfen, die es auch nicht so leicht haben." Er erhält täglich hunderte Nachrichten, gibt Masterclasses und hält Vorträge vor tausenden Menschen. Was als persönliche Social-Media-Präsenz begann, ist inzwischen zu einem eigenen Geschäftsbereich gewachsen.
Besonders stolz macht ihn, wenn seine Unterstützung konkrete Erfolge zeigt: "Wir haben so jemanden gehabt, der aus dem Nichts kam und gar nicht von weit her, ganz aus einfachen Verhältnissen, und der wollte unbedingt mal so ein kleines Möbelhaus kaufen. Wir haben den so gepusht, dass er einen Kredit kriegt, ohne Eigenkapital, mit einfachsten Verhältnissen."
Drei zeitlose Lektionen für angehende Unternehmer
Aus Matthias Beerbaums Geschichte lassen sich drei zentrale Lektionen ableiten, die für jeden angehenden Unternehmer – egal in welcher Branche – wertvoll sind:
1. Anfangen ist alles
"Die meisten scheitern daran, dass sie es nie probieren." Dieser simple Gedanke zieht sich durch sein gesamtes Gespräch. Egal ob es um den Einstieg in Immobilien oder um unternehmerische Vorhaben generell geht – der erste Schritt ist der wichtigste.
2. Dranbleiben führt zum Erfolg
"Der beste Ratschlag ist, immer weitermachen und dranbleiben." In schwierigen Situationen nicht aufzugeben, sondern Lösungen zu finden und weiterzumachen, ist ein zentraler Erfolgsfaktor. Beerbaum hatte "oftmals so aussichtslose Situationen", dass er dranbleiben musste, um nicht pleite zu gehen.
3. Jedes Geschäft muss sich rechnen
"Jedes Geschäft muss für sich lohnen. Ich mache nicht ein Geschäft, um das nächste zu bekommen." Dieser Grundsatz verhindert, dass man sich in unrentablen Projekten verzettelt oder auf zukünftige Gewinne spekuliert, die möglicherweise nie eintreten.
Ein Vermächtnis der Ermutigung
Als wir Matthias Beerbaum am Ende des Gesprächs fragen, was er anderen Menschen mit auf den Weg geben möchte, fasst er seine Lebensphilosophie in einem einfachen, aber kraftvollen Satz zusammen:
"Man bereut immer nur das, was man nicht gemacht hat."
Diese Worte, gesprochen von jemandem, der den Mut hatte, mit 10.000 Euro Immobilien zu kaufen, als andere zögerten, der vom Schulabbrecher zum Immobilienimperium-Besitzer wurde und der sich trotz aller Widrigkeiten seinen Platz in einer traditionell westdeutsch dominierten Branche erkämpft hat, wiegen schwer.
Sie erinnern uns daran, dass hinter jedem erfolgreichen Unternehmer, hinter jedem erreichten Ziel zunächst ein mutiger erster Schritt stand. Ein Schritt, den viele nie wagen – und genau das ist der Unterschied zwischen denen, die Erfolg haben, und denen, die nur davon träumen.
Dieser Artikel basiert auf einem Gespräch mit Matthias Beerbaum im Rahmen des EASTSIDE HEROES Podcasts, der ostdeutsche Erfolgsgeschichten ins Rampenlicht rückt und zeigt, wie Unternehmer in den neuen Bundesländern Herausforderungen in Chancen verwandeln.
© ESH